Ausflug der 7. Klassen nach Worms
Eine Erkundung des Judentums einst und heute
„Was für ein toller Ausflug!“, dachte ich, als wir aus dem Bus ausstiegen. Das Lob galt der Exkursion nach Worms, die uns Einblicke in das frühere, aber auch in das heutige Leben der jüdischen Bevölkerung gewährt hatte.
Der Ausflug begann um 8.10 Uhr. Wir starteten am Göttenbach-Gymnasium mit einem Reisebus. Die Fahrt dauerte ungefähr 1,5 Stunden. Als jeder einen Platz gefunden hatte, malten wir uns aus, was uns in Worms erwarten würde. Eine Exkursion, um das jüdische Leben einst und heute kennenzulernen, war angekündigt, es standen eine Führung durch die Altstadt, ein Besuch der Synagoge, des Raschi-Hauses und ein Besuch des jüdischen Friedhofs an.
Nachdem wir unser Ziel erreicht hatten, versammelten sich alle siebten Klassen und die betreuenden Lehrer auf einem großen Platz. Jede Klasse bekam einen Stadtführer zugeteilt, wir, die 7b lauschten von nun an Herrn Jochum.
Zuerst besuchten wir den einstigen Folter- und Henkerturm. Da man früher weder mit den Juden noch mit Henkern oder Folterknechten etwas zu tun haben wollte, waren Juden gezwungen, diese Berufe auszuüben.
Anschließend betraten wir das ehemalige Ghetto, also einen abgegrenzten Bereich, in dem früher die Juden lebten. Das Ghetto besaß zwei Tore, welche an christlichen Feiertagen geschlossen wurden, um Ausschreitungen seitens der Christen zu vermeiden. Die Häuser, die im Ghetto standen, besaßen oft Namen, aus denen sich die Nachnamen der Familien entwickelten, z.B. „Rosenberg“ oder „Rosenthal“ aus dem „Haus zur Rose“.
Unser nächstes Ziel war die Synagoge oder auf Hebräisch „Beth Knesset“, was übersetzt „Haus der Versammlung“ bedeutet. Die Synagoge wurde im Jahre 1034 erbaut und ist somit die älteste in Deutschland. Ihr Hof wurde auch als Versammlungsort genutzt. Beim Betreten der Synagoge ist es für Jungen Pflicht, eine Kopfbedeckung zu tragen, da diese zwischen dem Mensch und Gott stehen soll. Die heilige Schrift der Juden ist die Tora. Sie ist ebenfalls in der Synagoge aufzufinden. Vor ihr hängt das ewige Licht, da Gott in Form der Tora immer anwesend ist. Neben dem Sockel der Tora stehen zwei Bänke, auf welchen die Beschneidung für Jungen erfolgt.
Das Zeichen des Judentums ist der Davidstern. Er besteht aus zwei ineinander verflochtenen Dreiecken, welche die irdische und himmlische Welt symbolisieren.
Als nächstes betraten wir einen kleinen Raum nahe der Synagoge. In diesem Raum wurden Kinder im jüdischen Glauben unterrichtet. Sie wachsen mehrsprachig auf. Mit etwa sechs Jahren beginnen sie die Tora zu studieren. Jungen sind mit dreizehn, Mädchen mit zwölf Jahren fertig ausgebildet. Es ist ein großes Fest, vergleichbar mit der Konfirmation. Die Lehrer der jüdischen Kinder sind Rabbiner, also jüdische Priester.
Unser nächstes Ziel war die Mikwe. Wir gingen eine steile Treppe hinunter und entdeckten einen kleinen Bach. Eine Mikwe ist ein Tauchbad, in dem rituelle Waschungen vorgenommen werden. Wenn Juden mit viel Schweiß, mit Blut, dem Tod oder dem Friedhof in Berührung kommen, müssen sie sich rituell waschen. Dabei ziehen sich die Gläubigen nackt aus und tauchen mit geöffnetem Mund drei Mal unter.
Anschließend besichtigten wir das Raschi-Haus. Es wird seit 1982 als Museum genutzt. Seinen Namen hat es von dem französisch-jüdischen Gelehrten Raschi. Im Museum befinden sich Modelle und Veranschaulichungen von jüdischen Gebäuden und Ritualen. Darunter konnten wir auch ein Modell der Synagoge entdecken. Auch eine Tora konnten wir aus der Nähe betrachten. Wir erkannten, dass der Mantel der Tora dem eines Rabbiners gleicht. Einen Raum weiter stellte uns unser Stadtführer einige jüdische Feiertage vor, wie zum Beispiel Purim oder Chanukka, das Lichterfest. Der bekannteste Feiertag heißt Sabbat. Es ist der siebte Tag der Woche. An diesem Tag dürfen die Gläubigen nur eine bestimmte Anzahl an Schritten gehen und kein Feuer machen, beziehungsweise keine elektronischen Geräte benutzen.
Die Besichtigung führte uns anschließend zum Denkmal von Martin Luther. Hier hatte in Worms die Reichskristallnacht am 09.11.1938, also die gewaltsamen Ausschreitungen gegen die jüdische Bevölkerung im Dritten Reich, ihren Ausgangspunkt.
Der nächste und letzte Programmpunkt führte uns durch die Wormser Innenstadt zu einem jüdischen Friedhof, genauer gesagt dem ältesten jüdischen Friedhof in Europa. Der älteste Grabstein wurde 1076 errichtet und steht immer noch dort. Bis 1942 wurden Juden hier beerdigt. Bevor ein Gläubiger sein Totenhemd bekommt, erfolgt die letzte rituelle Waschung. Der älteste Sohn spricht das Totengebet. Ein Jahr nach der Beerdigung wird der Grabstein aufgestellt. Nach dieser Zeit ist auch die Zeit der Trauer vorüber. Für Juden ist von großer Bedeutung, dass der Name des Toten auf dem Grabstein steht. Auf dem Friedhof darf nichts verändert werden, da der Friedhof in Worms aber Kulturgut ist, muss er gepflegt werden. Das erledigt aber die Stadt Worms und nicht die jüdische Gemeinde.
Nach der Stadtführung versammelten sich alle Schüler und Lehrer wieder vor dem Denkmal. Nun hatten wir etwa eine halbe Stunde zur freien Verfügung. Wir nutzten diese Zeit, um durch die Stadt zu bummeln. Dabei entdeckten wir weitere Denkmäler und Gebäude, die uns sehr interessant vorkamen.
Schließlich fanden sich wieder alle am Treffpunkt ein. Nachdem die Lehrer dann die Anwesenheit aller Schüler kontrolliert hatten, begaben wir uns zur Bushaltestelle. Unser Reisebus war schon dort und wir konnten sofort die Heimreise antreten. Es wurde eine sehr lustige Fahrt, da unser netter Busfahrer mit Musik für Stimmung sorgte. Wir unterhielten uns noch ein wenig über die Exkursion und waren uns einig, dass es ein sehr interessanter und gelungener Ausflug gewesen war!
Merle Kullmann, 7b